Julia Mattera | Der Koch, der zu Möhren und Sternen sprach

Einfach schön.

Ich konnte am Anfang überhaupt nicht einordnen, welche Art von Geschichte das hier werden würde. Dennoch hatte die Autorin mich von Anfang an in ihren Bann gezogen.

 „Es will schon gekonnt sein, ein Frühstücksbrot in einen Zichorienkaffee zu tunken.“ Das ist der erste Satz. Ich mag Bücher mit besonderen ersten Sätzen. Damit wird der Protagonist Robert Walch eingeführt und dieser Satz passt einfach zu ihm. Er beschreibt seine allmorgendliche Frühstücksroutine.

Robert ist ein 52 Jahre alter Junggeselle und wirkt etwas schrullig. Unbeholfen im Umgang mit Menschen ist er trotzdem ein sehr feinfühliger Typ. Er kocht, pflegt den Garten und hält Hühner und Ziegen, das alles mit großer Hingabe. Er gibt sogar seinen Gemüsepflanzen Namen und behandelt jedes Geschöpf respektvoll. Er kocht zwar sehr gern für die Besucher des Gasthofes seiner Schwester Elsa und bereitet dabei die tollsten Leckereien zu, aber er geht den Menschen aus dem Weg. Seine kleine Welt reicht nur bis zum Ende des Grundstückes und keinen Schritt darüber hinaus.

Seine kleine Nichte und sein Neffe, Elsas Zwillinge, lieben ihren Onkel trotz dessen Brummigkeit, denn sie sehen ihm direkt ins Herz. Auch er liebt die Kleinen und kann ihnen nicht einmal dann böse sein, als sie seinen Gemüsegarten beim Spielen und Herumtoben mit dem Hund fast zerstören.

Dann muss sich Robert doch auf andere Menschen einlassen. Das sind zunächst Fatima und ihr Sohn Hassan, die als Hilfen auf den Hof kommen. Später trifft noch Maggie, eine Freundin von Fatima, ein, die dort ein paar Tage verbringt. Maggie ist einfach toll und in ihrer unkonventionellen Art gelingt es ihr, Robert mitten ins Herz zu treffen.

Es macht Spaß, beim Lesen Roberts innere Kämpfe und seine Weiterentwicklung mitzuerleben, aber auch zu sehen, wie innere Wunden dabei heilen.

Alles hat meiner Meinung nach sehr großen Symbolcharakter. So sollte man an diese Lektüre nicht mit strenger Logik herangehen. Auch die „Diagnose“ eventueller psychischer Störungen, unter denen Robert vielleicht leidet, hat meiner Meinung nach keinen Sinn.

In dieser Geschichte dreht sich alles um Fragen, wie: Was kann Liebe und was ist echte Liebe? Was kann sie bei Menschen bewirken, wozu kann sie Menschen bringen? Was ist wirkliches Glück? Deshalb sollte hier auch nicht jedes Detail genauestens auf Realitätsbezug analysiert werden.

Dieses Buch lässt sich nicht wirklich einer Kategorie zuordnen. Ich kann auch nicht mit Bestimmtheit sagen, für wen es als Lektüre geeignet ist und für wen nicht. Ich selbst bin mehr von Logik getrieben und fühle mich trotzdem sehr bereichert durch dieses Buch.

Das Design ist auch sehr schön. Die Möhren-Zeichnungen auf dem Cover und die frischen Farben wirken recht fröhlich und die Haptik ist einfach toll, weil es eine ganz besondere Oberflächenstruktur hat.

Meine Bewertung: 5 von 5 Sternen.

Details

Autor:Julia Mattera
Titel:Der Koch, der zu Möhren und Sternen sprach
Genre:Sonstige Romane & Erzählungen
Verlag:Eichborn
Erscheinungsjahr:2022
Seitenanzahl:224
ISBN:9783847900986

1 Kommentar zu „Julia Mattera | Der Koch, der zu Möhren und Sternen sprach“

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert