Bei euch ist es immer so unheimlich still | Alena Schröder

Dieses Buch enthält eine zunächst unspektakulär erscheinende Geschichte, die mich dann schnell in ihren Bann gezogen und begeistert hat.

Worum geht es?

Hier die Kurzbeschreibung vom Verlag:

Ildingen, 1950er Jahre. Evelyn Borowski hat alles, was sie sich je erträumt hat: Ein Eigenheim mit Garten, einen fürsorglichen Mann und das lang erwartete Töchterchen Silvia. Trotzdem ist sie nicht glücklich: Sie vermisst ihren Beruf als Ärztin und fühlt sich fremd und allein in dieser süddeutschen Kleinstadt. Betti, Ihre Freundin und Schwägerin, ist unverheiratet und kümmert sich deshalb um die Eltern. Mit losem Mundwerk und rasantem Fahrstil sorgt sie für reichlich Ärger.

1989, in Berlin liegt Aufbruch in der Luft. Silvia Borowski aber macht einen Schritt zurück. In einem geklauten Polo fährt sie Hals über Kopf Richtung Süden. Neben ihr die erst wenige Wochen alte Tochter Hannah. Was erwartet sie in ihrem Heimatort, aus dem Silvia vor vielen Jahren überstürzt geflohen ist? Ist sie stark genug, sich der Vergangenheit zu stellen?

Meine Eindrücke

Ich fahre direkt mit Silvia los – 1989 von Westberlin über die Transitstrecke in die Stuttgarter Region – und stehe mit ihr und ihrer neugeborenen Tochter vor der Tür ihrer Mutter Evelyn. Die Begrüßung ist kühl. Irgendetwas steht zwischen den beiden, das seine Ursprünge in der Vergangenheit hat.

Dann geht es zurück nach 1950 und die folgenden Jahre, in die Geschichte der Mutter Evelyn: wie sie in diese Gegend kommt, eine Familie gründet, wie beide Ärzte werden, ihre Tochter Silvia geboren wird usw.

Nun kenne ich beide Seiten und beide sind mir sympathisch. Ich möchte wissen, wie die offensichtliche Kluft zwischen Silvia und ihrer Mutter Evelyn entstanden ist und ob sie sich nun überwinden lässt.

Die Handlung wechselt zwischen diesen beiden Zeitebenen, 1989 – die letzten Monate bis zum Mauerfall – und 1950 bis Anfang der 1970er Jahre, wo es dann auch um Silvias Kindheit und Jugend geht.

Es ist alles sehr lebendig beschrieben. Besonders gelungen empfinde ich den differenzierten Umgang der Autorin mit ihren Figuren. Niemand wird auf ein Podest gehoben und niemand wird total niedergemacht.

Alle Personen, die in dem Buch wichtige Rollen spielen, werden nicht nur durch die Augen von anderen betrachtet, sondern haben meistens einen Abschnitt aus ihrer eigenen Perspektive. So erhalten auch zunächst als unangenehm erscheinende Charaktere oder solche, die irgendeine Schuld auf sich geladen haben, die Chance, wenigstens zum Teil verstanden zu werden – zumindest von den Leser*innen.

Die kleinen Details vom Ende der 1980er Jahre haben mich regelrecht in die Zeit zurückversetzt, z. B. die Musik, die der Nachbarssohn auf seinem Walkman hört. Auch solche rührenden Kleinigkeiten, dass er Lieblingstitel mehrmals hintereinander auf die Kassette aufgenommen hat, oder der „Bandsalat“ bei diesem Medium, haben mir ein Lächeln entlockt.

Die beiden Handlungsstränge laufen unter sehr viel Spannung aufeinander zu. Es werden zunächst bestimmte Personen und Erlebnisse angedeutet, wobei sofort klar ist, dass sie wichtig werden. Nach und nach wird alles aufgeklärt und man leidet beim Lesen fast mit den Figuren mit.

Je weiter ich gelesen habe, umso schwerer fiel es mir, das Buch zwischendrin aus der Hand zu legen.

Das Ende finde ich ebenfalls ziemlich gelungen und es bildet zusammen mit dem Anfang einen geschickten Rahmen für die ganze Geschichte.

Fazit

Das ist eines meiner diesjährigen Lesehighlights und Leseempfehlung von mir an alle Liebhaber spannender Gegenwartsliteratur mit besonders nachvollziehbaren Charakteren.

Meine Bewertung: 5 von 5 Sternen.

Details

Autor:Alena Schröder
Titel:Bei euch ist es immer so unheimlich still
Genre:Literatur
Verlag:dtv
Erscheinungsjahr:2023
Seitenanzahl:400
ISBN:9783423283397

Das Cover im Titelbild gehört dem Verlag dtv.

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