Auf dieses Buch hatte ich mich schon sehr gefreut, denn ich hatte mit Begeisterung „22 Bahnen“ von Caroline Wahl gelesen und das hier ist eine Fortsetzung davon.
Nachdem in „22 Bahnen“ aus der Sicht von Tilda erzählt wird, die mit ihrer kleinen Schwester Ida zusammen mit der alkoholkranken Mutter lebt und sich an deren Stelle um alles kümmert, ist die Hauptfigur und Erzählerin dieses Buches die Schwester Ida. Inzwischen sind einige Jahre vergangen, Ida ist eine junge Frau.
Der Klappentext vom Verlag
Den möchte ich zunächst für einen Eindruck, was mich als Leserin erwartet hatte, wiedergeben:
Ida hat nichts bei sich außer dem alten, verschrammten Hartschalenkoffer ihrer Mutter, ein paar Lieblingsklamotten und ihrem MacBook, als sie ihr Zuhause verlässt. Es ist wahrscheinlich ein Abschied für immer von der Kleinstadt, in der sie ihr ganzes bisheriges Leben verbracht hat. Im Abschiednehmen ist Ida richtig schlecht; sie hat es vor zwei Monaten nicht einmal auf die Beerdigung ihrer Mutter geschafft. Am Bahnhof sucht sie sich den Zug aus, der am weitesten wegfährt – auf keinen Fall will sie zu ihrer Schwester Tilda nach Hamburg –, und landet auf Rügen. Ohne Plan, nur mit einem großen Klumpen aus Wut, Trauer und Schuld im Bauch, streift sie über die Ostseeinsel. Und trifft schließlich auf Knut, den örtlichen Kneipenbesitzer, und seine Frau Marianne, die Ida kurzerhand bei sich aufnehmen. Zu dritt frühstücken sie jeden Morgen Aufbackbrötchen, den Tag verbringt Ida dann mit Marianne, sie walken gemeinsam durch den Wald oder spielen Skip-Bo, abends arbeitet Ida mit Knut in der »Robbe«. Und sie lernt Leif kennen, der ähnlich versehrt ist wie sie. Auf einmal ist alles ein bisschen leichter, erträglicher in Idas Leben. Bis ihre Welt kurz darauf wieder aus den Angeln gehoben wird.
Meine Eindrücke
Ich war sofort wieder in der Welt von Tilda und Ida. Caroline Wahl schreibt auch in diesem Buch wieder so lebendig wie schon in ihrem ersten.
Hier der Anfang für einen kurzen Eindruck:
Mit meinem MacBook im Rucksack, meinen Lieblingsklamotten in Mamas marineblauem Hartschalenkoffer, AirPods in den Ohren und der gefalteten Kündigung in der Bauchtasche trete ich aus dem Haus in der Fröhlichstraße 37, das nicht mehr mein Zuhause ist. Der Koffer rollt nicht richtig, der Griff ist nicht ausziehbar, und ich habe das Gefühl, einen Plastikklotz hinter mir herzuschleifen.
Später sehr viel wörtliche Rede, immer mit Namen und Doppelpunkt vorangestellt. Dazwischen Idas Gedanken, die nachvollziehen lassen, was in ihr vorgeht.
Sie ist zwar ziemlich verschlossen und macht vieles mit sich allein aus, aber manchmal wird ein Satz aus ihren Gedanken direkt darunter eins zu eins in ihrer wörtlichen Rede gegenüber einer Person ausgesprochen. Das finde ich eine interessante Konstruktion, und da es nicht allzu oft passiert, ist es ein kraftvolles Stilelement.
Überhaupt wird schnell klar, dass Ida eine außergewöhnliche junge Frau ist. So finde ich es rührend, dass sie schon mal ihr Smartphone zu Hause lässt, um dann vielleicht, wenn sie zurückkommt, eine Überraschung in Form einer Nachricht zu finden.
Es ist so eine innere Zerrissenheit in ihr. Trotzdem muss ich immer wieder ihren Mut und ihre Stärke bewundern. Denn auch wenn sie sehr emotional gesteuert ist, und manchmal den Eindruck macht, sich einfach verantwortungslos treiben zu lassen, ist letzten Endes das ganze Gegenteil der Fall, wenn es um andere Menschen geht, die ihr am Herzen liegen. Genauer kann ich das nicht ausführen, denn ich möchte nicht spoilern.
Neben der insgesamt eher ernsten Thematik, gibt es immer wieder Situationen zum Schmunzeln. Interessant finde ich auch die Beschreibung, was bei Knut und Marianne, bei denen Ida auf der Insel Rügen wohnt, gemeinsam gefrühstückt wird. Vor allem diese Eszet-Schnitten. Davon hatte ich vorher noch nie etwas gehört. So habe ich gleich mal im Supermarkt nachgeschaut und sie tatsächlich gefunden und natürlich gleich mal zum Ausprobieren gekauft: Schokoladentäfelchen, die man wie Käsescheiben aufs Brötchen legen kann. Schöne Idee.
Natürlich hätte es mir nach dem Lesen des ersten Buches „22 Bahnen“ besser gefallen, wenn die Mutter ihre Alkoholsucht besiegt hätte, aber das wäre unrealistisch gewesen. Jedenfalls habe ich „Windstärke 17“ gern gelesen und würde mich freuen, wenn es noch eine weitere Fortsetzung mit Tilda oder Ida geben könnte.
Fazit
Es ist eine gelungene Fortsetzung von „22 Bahnen“.
„Windstärke 17“ ist zwar ein in sich abgeschlossener Roman, aber ich kann mir vorstellen, dass er besser „funktioniert“, wenn man vorher „22 Bahnen“ gelesen hat.
Meine Bewertung: 5 von 5 Sternen.
Hier findest du meine Rezension zu „22 Bahnen“.
Details
Autor: | Caroline Wahl |
Titel: | Windstärke 17 |
Genre: | Literatur |
Verlag: | Dumont |
Erscheinungsjahr: | 2024 |
Seitenanzahl: | 256 |
ISBN: | 9783832168414 |
Das Buchcover im Titelbild gehört dem Verlag Dumont.
Dankeschön an Bookbot
Ganz herzlich möchte ich mich bei Bookbot bedanken, dass sie mir dieses Buch gesponsert haben.
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Ich hatte darüber etwas mehr in meiner Rezension zu „Intensivkurs Zeichnen“ geschrieben.