Heute möchte ich eine Kuriosität zeigen. Das Buch habe ich in einem öffentlichen Bücherschrank gefunden. Es stammt aus dem Jahr 1985. Darin beschreibt der Autor einen umfangreichen Selbstversuch, wie er von diversen Firmen kostenlose Waren bekommen konnte. Hier der Klappentext:
Ob Sekt, Teddybären, Videokassetten, Parfum, Kaffee, Sexpuppen, Oberhemden, Regenschirme oder Seidenkrawatten. Von Antibaby-Pillen bis Zahnpasta. Alles ist zu kriegen: Kostenlos für jedermann. Keine Billigprodukte, sondern Markenartikel – mit der Post frei Haus geliefert. Wenn man es richtig anfängt, wird man mit Waren überhäuft. Nichts wird behauptet, was der Autor nicht selbst ausprobiert hat. Jeder Schritt belegt und ausführlich erklärt. Was wurde gebraucht? Allein Briefpapier und Schreibmaschine. Denn phantasievolle Briefe und ausreichend Porto sichern den Erfolg. Ideen, geschickt verpackt, und alles ist umsonst zu haben. Daß es jeder kann, beweist dieses Buch.
Da hat doch nicht jemand tatsächlich eine Anleitung zum Schnorren geschrieben?
Doch! Gleich in der Einleitung schreibt er, dass die Idee dafür einer Stammtischwette entsprang, dass jeder das einfach nachmachen könne und dass das funktionieren würde.
Allerdings würde man sich mit solchem Erschleichen von Waren und Dienstleistungen strafbar machen. So hat der Autor am Ende alle Firmen, die auf seine Maschen hereingefallen sind, noch einmal angeschrieben und angeboten, die Waren zu bezahlen oder zurückzuschicken.
Ich fand es interessant, so etwas aus heutiger Sicht zu lesen. Denn damals waren weder PCs üblich, noch gab es das Internet.
Im Grunde genommen waren es immer die gleichen Grundprinzipien. Meistens wurde den Firmen ein großer und lukrativer Auftrag in Aussicht gestellt und um Musterware gebeten. Dabei trat der Autor als Freelancer auf, der eine Aktion für einen großen Kunden konzipierte, natürlich ohne den Kunden zu nennen.
Manchmal ging es auch um Sponsoring für erfundene Events. Nebenbei hat der Autor dann noch ein paar Tricks erklärt, wie man ohne wirklich zu lügen falsche Vorstellungen weckt.
Im Buch sind die entsprechenden Briefe und die Antworten der Firmen wiedergegeben, außerdem eine ausführliche Statistik über die Ergebnisse.
Ich empfand die Briefe, die der Typ geschrieben hat, irgendwie zum Fremdschämen. Aber doch war es faszinierend, so etwas zu lesen. So ein wenig wie Horror-Literatur, nur nicht ganz so fies.
Die Illustrationen im Buch fand ich dagegen recht gelungen. Kein Wunder, denn die stammen von Walter Moers.
Heute würde solche Trickserei bestimmt nicht per Post, sondern per E-Mail ablaufen. Ich kann mir sogar vorstellen, dass manches davon auch noch funktioniert. Allerdings sind die Adressaten heute – Internet sei Dank – besser in der Lage, Behauptungen zu überprüfen.
Was ich bemerkenswert fand, waren die Beschreibungen des Autors, wie er kostenlose Bücher direkt vom Verlag bezogen hat, und zwar Rezensionsexemplare. Aber auch wieder sehr ärmlich fand ich, dass er auch das unter Vorspiegelung falscher Tatsachen gemacht hat, ohne die Bücher überhaupt lesen zu wollen. Es ging wieder einzig und allein ums Abstauben.
Das mit dem kostenlosen Bezug von Büchern zwecks Rezension kann heute jeder ganz offiziell machen. Das wird durch die Verlage sogar gefördert. Dafür gibt es Plattformen wie Vorablesen, Lesejury usw. Die Rezensionen helfen der Sichtbarkeit der Bücher in den Online-Shops und damit beim Verkauf. Das hätte sich der Autor dieses Schnorrer-Buches wohl nicht träumen lassen.
Übrigens habe ich unter der Kategorie Vorablesen einige dieser Plattformen vorgestellt und ein paar Praxis-Tipps dazu aufgeschrieben.
Ein bisschen schadenfroh beim Lesen war ich dann noch, weil eine Firma dem Autor nach seiner „Beichte“ am Ende neben den Preisen für die Muster-Artikel auch noch saftige Kosten für den Korrespondenz-Aufwand in Rechnung gestellt hat. Die meisten Firmen waren allerdings kulant und haben es unter Werbung verbucht.
Fazit: Es war unterhaltsam und es ist eine Kuriosität.
Für die Unverschämtheit und Überheblichkeit des Autors gibt es von mir keine vollen Sterne, aber wegen der gelungenen Illustrationen von Walter Moers ziehe ich nur zwei Sterne ab.
Meine Bewertung: 3 von 5 Sternen.
Details
Autor: | Thomas Brockmann |
Titel: | Umsonst. Wertvolle Waren – kostenlos für jedermann |
Genre: | Sachbuch |
Verlag: | Heyne |
Erscheinungsjahr: | 1985 |
Seitenanzahl: | 202 |
ISBN: | 9783453007741 |
Das Buchcover im Titelbild gehört dem Heyne-Verlag.