Historisch, grotesk und vor allem spannend
Diesen Roman habe ich mit großem Vergnügen gelesen. Ihn einfach nur als Kriminalroman zu bezeichnen halte ich für tief gestapelt. Andrej Kurkow nimmt uns mit nach Kiew, und zwar in eine Zeit nach dem Ersten Weltkrieg und nach der Revolution.
In seiner herrlich klaren Sprache hat er es geschafft, alles sofort in meinem Kopf entstehen zu lassen. Ich konnte mich in die handelnden Personen sehr gut hineinversetzen und hatte schnell einen Eindruck vom Ort des Geschehens und vom dortigen Zeitgeist.
Es ist kein typischer Krimi, in dem gleich am Anfang ein Verbrechen passiert und sich der Rest des Buches dann dessen Aufklärung widmet. Nun gut, Verbrechen passieren darin andauernd, sie gehören zum Alltag in jener chaotischen Zeit. Aber der eigentliche Kriminalfall, genauer eine Verkettung von Rätseln, baut sich erst nach und nach auf, während wir Samson, den Haupthelden, durch seinen Alltag begleiten. Eigentlich ist Samson Ingenieur, aber er fängt durch einen Zufall bei der Miliz an und wird zum Ermittler.
Trotz aller Brutalität – besonders am Anfang – und der allgemeinen Trostlosigkeit ist dieses Buch immer wieder witzig. Eine amüsante Geschichte für sich ist auch, wie Samson überhaupt zur Miliz gekommen ist. Die Sache mit dem abgetrennten Ohr gleich am Anfang entwickelt sich zu einer fantastischen Groteske, passt aber prima ins Konzept.
Samson löst natürlich die ihm aufgegebenen Rätsel, und zwar mit z. T. recht ungewöhnlichen Methoden. Es ist alles prima erzählt, jedes Detail sitzt. Ich kann zwar nichts Genaueres verraten, aber eins ist bereits bekannt: Es wird eine Fortsetzung geben.
Kurz gesagt
Das hier ist nicht einfach nur ein Krimi, sondern eine Mischung aus Krimi, Historie und Groteske. Ich fand es großartig und kann es deshalb nur weiterempfehlen.
Meine Bewertung: 5 von 5 Sternen.
Details
Autor: | Andrej Kurkow |
Titel: | Samson und Nadjeschda |
Genre: | Krimi |
Verlag: | Diogenes |
Erscheinungsjahr: | 2022 |
Seitenanzahl: | 368 |
ISBN: | 9783257072075 |