Kein Teil der Welt | Stefanie de Velasco

Wenn ich neuen Lesestoff für mich suche, schaue ich manchmal nach Autor*innen, von denen ich bereits etwas mit Begeisterung gelesen habe. So war es mit Stefanie de Velasco.

Sie hat bisher drei Romane geschrieben:

  • Tigermilch (2013)
  • Kein Teil der Welt (2019)
  • Das Gras auf unserer Seite (2024)

„Das Gras auf unserer Seite“ habe ich im vorigen Jahr gelesen und es hatte mir sehr gut gefallen.

Deshalb habe ich mir mit „Kein Teil der Welt“ nun ein weiteres aus dem bisher noch überschaubaren Gesamtwerk dieser Autorin vorgenommen.

Worum geht es darin?

Hier die Kurzbeschreibung vom Verlag:

Vom Aufwachsen in der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas.

Klug, rasant und herzzerreißend: Stefanie de Velascos aufrüttelnder Roman gibt Einblick in eine verborgene Welt und erzählt von einem Emanzipationsprozess, der sämtliche Fundamente zum Einstürzen bringt.

Ein ostdeutsches Dorf kurz nach der Wende. Die junge Esther wurde über Nacht aus ihrem bisherigen Leben gerissen, um hier, am anderen Ende der Republik, in der alten Heimat ihres Vaters, mit der Gemeinschaft einen neuen Königreichssaal zu bauen. Während die Eltern als Sonderpioniere der Wachtturmgesellschaft von Haus zu Haus ziehen, um im vom Mauerfall geprägten Osten zu missionieren, vermisst Esther ihre Freundin Sulamith schmerzlich.

Mit Sulamith hat sie seit der Kindheit in der Siedlung am Rhein alles geteilt: die Fresspakete bei den Sommerkongressen, die Predigtdienstschule, erste große Gefühle und Geheimnisse. Doch Sulamith zweifelt zunehmend an dem Glaubenssystem, in dem die beiden Freundinnen aufgewachsen sind, was in den Tagen vor Esthers Umzug zu verhängnisvollen Entwicklungen führt. Während Esther noch herauszufinden versucht, was mit Sulamith geschehen ist, stößt sie auf einen Teil ihrer Familiengeschichte, der bislang stets vor ihr geheim gehalten wurde.

Poetisch, wortgewandt und mit unwiderstehlicher Kraft führt uns dieser Roman in eine Welt, die mitten in der unsrigen existiert und dennoch kein Teil von ihr ist. Und stellt eine unvergessliche junge Frau ins Zentrum, die alles daran setzt, selbst darüber zu bestimmen, welche Erzählungen ihr Halt geben.

Meine Eindrücke

Ich habe über Stefanie de Velasco gelesen, dass sie als Tochter einer alleinerziehenden Mutter und gläubigen Zeugin Jehovas aufgewachsen ist.

So hat es mich auch nicht gewundert, mit welcher Detailgenauigkeit sie sehr anschaulich über das Leben in dieser Glaubensgemeinschaft erzählt. Auch wenn es ein Roman und damit ein fiktives Werk ist, wird der Rahmen sicher der Realität entsprechen.

Die Protagonistin Esther habe ich als hin- und hergerissen erlebt: Einerseits erlebt sie auch Gutes in dieser Gemeinschaft, andererseits beginnt sie zu zweifeln und vieles zu hinterfragen.

Ich habe bereits einige Dokumentationen über die Zeugen Jehovas gesehen und muss sagen, dieser Roman ist besser als jede Dokumentation. Vor allem ist diese Geschichte keine wie sonst oftmals praktizierte Schwarz-Weiß-Malerei. Für manche Menschen mag die Glaubensgemeinschaft mit all ihren Ansichten und Regeln genau das Richtige sein, für andere Menschen ist sie eine extreme Beeinträchtigung und wird auch als solche empfunden.

An manchen Stellen habe ich mich gefragt: Warum tun Eltern ihren Kindern das an? Aber ich will hier nicht über Glauben oder Ansichten diskutieren, sondern das Buch besprechen.

Die Geschichte habe ich als unheimlich fesselnd und spannend empfunden. Sie führte mich in eine mir völlig fremde Welt, und so etwas mag ich sehr, vor allem, wenn es so gut geschrieben ist wie in diesem Fall.

Die Personen wirken sehr lebendig, dazu leisten die Dialoge einen entscheidenden Beitrag. Auch ist die Zeit, in der das Ganze spielt – Anfang der 1990er Jahre – prima dargestellt, vor allem durch kleine Details, wie z. B. die damals typischen Werbespots.

Die Geschichte spielt sich in zwei Zeitebenen ab: das Leben im kleinen Ort am Rhein und dann im Osten kurz nach der Wende. Durch die Wechsel dazwischen wird besonders zum Ende hin eine Dramaturgie wie in einem Film erreicht.

Es gibt nur eine Sache, die ich an diesem Roman nicht mag, und zwar die Zwischengeschichte vom fantastischen und trostlosen Ort „Kara Gyson“, wo es immer „Friedhofssuppe“ gibt und alles vom Salz dominiert wird. Ich habe versucht, auch diese eingeschobenen Abschnitte bewusst und aufmerksam zu verfolgen und mich gefragt: Was hat sich die Autorin dabei gedacht? Ich mag aber keine Literatur, bei der ich mir diese Frage stellen muss. Sicher haben diese Abschnitte einen symbolischen Charakter und einen tieferen Sinn. Dieser hat sich mir aber nicht erschlossen. Ich empfand sie als völlig überflüssig, habe aber den übrigen Text, der zum Glück das meiste ausmacht, sehr genossen.

Fazit: Ein großartiger Roman, wenn man die Einschübe mit „Kara Gyson“ weglässt.

Meine Bewertung: wegen Letzterem (nur) 4 von 5 Sternen.

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Details

Autor:Stefanie de Velasco
Titel:Kein Teil der Welt
Genre:Literatur
Verlag:Kiepenheuer&Witsch
Erscheinungsjahr:2019
Seitenanzahl:432
ISBN:978-3-462-05043-1

Das Buchcover im Titelbild gehört dem Verlag Kiepenheuer&Witsch

Eine weitere Leseempfehlung

Hier ist meine Rezension zu einem anderen Buch dieser Autorin:

Das Gras auf unserer Seite | Stefanie de Velasco

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